Architektur

Spätwerk Hans-Albrecht Schilling – Die Architektur

Auszug aus der Festrede anlässlich der Verleihung der Bremer Auszeichnung für Baukultur von

Prof. Dr. Eberhard Syring – Laudatio auf den Künstler und Gestalter Hans-Albrecht Schilling

„Aber der unermüdliche Schaffensdrang des Künstlers und Gestalters ist damit noch nicht gestillt. Ein letzter Großauftrag, eine ganz neue Herausforderung wartet noch auf ihn. Denn 2007 erhält der 78jährige von Ernst Böhm, geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter des in der Wohnungswirtschaft tätigen technischen Dienstleistungsunternehmens B&O, die Anfrage, ob er nicht die Gesamtgestaltung übernehmen wolle für dem Umbau eines Teils einer ehemaligen Kaserne zu einem Tagungszentrum in bayrischen Bad Aibling bei Rosenheim.

Trotz einer beschwerlichen Reisetätigkeit, die mit dem Auftrag verbunden ist, stimmt Schilling zu. Der Grund dafür könnte unter anderem in seiner hier skizzierten Werkbiografie liegen: Von Beginn an hat er sich immer mit großer Neugier unerwarteten Herausforderungen gestellt, ohne sich dabei um die formellen Voraussetzungen zu kümmern: Bildender Künstler ohne Hochschulabschluss, Farbdesigner aus einer inneren Berufung heraus – warum jetzt nicht die Chance nutzen, noch einen Schritt weiter zu gehen zum Raumgestalter, ohne über den formalen Abschluss des Architekten zu verfügen? Die Aufgabe bietet ihm nicht nur die Gelegenheit, neue Ufer zu betreten, sondern auch die Möglichkeit, die Quintessenz seiner künstlerischen Erfahrungen aus sechs Jahrzehnten in das Projekt einzubringen.

Ohne in der Kürze dieses Beitrags genauer auf die Einzelheiten des Projektes eingehen zu können, kann zusammengefasst werde: Es ist zur Zufriedenheit des Auftraggebers und des Gestalters vollauf gelungen. In den Worten, die der Freiburger Psychologie-Professors und Friedens-Aktivist Wolfgang Roth als Gast des Hauses über den Umbau geäußert hat, ist das Wesen dieser Baumaßnahme treffend charakterisiert:

„In der Erhaltung der alten Gebäudestruktur zeigt sich die Kraft der Verwandlung von der Raupe zum Schmetterling – die beide dieselbe DNA haben, die wahrhaft menschliche Gestaltungskraft, die minimalistisch aus dem Vorhandenen das herausschält, was gewollt ist. Ich hätte es mir nicht zugetraut, das Bergende in dem düster Gedrungenen, die Klarheit in der militärischen Strenge, das Öffnende in der Unterwerfung gebietenden Distanz zu sehen. Sicher, es gehört viel Wissen und Erfahrung, vor allem aber Vorstellungskraft dazu, aus der heraus sich das Neue im Alten, das Positive im Negativen zeigt – und das dann überspringen kann auf die Besucherinnen und Besucher.“

Eine bessere Würdigung dieses Spätwerk Schillings ist kaum zu leisten und mag hier als Schlusswort dieser Betrachtung eines umfangreichen gestalterischen Werkes stehen, das eines nie vermissen lässt: Authentizität. Wenn man sich fragt, was die Authentizität dieses im Grenzbereich von Architektur und Bildender Kunst angesiedelten Werks ausmacht, so scheint sie für mich in der anhaltenden Frische zu liegen, mit der Schilling sich immer wieder auf das Abenteuer des Gestaltens einlässt. Man weiß ja vorher nicht so genau, was am Ende dabei herauskommt. Trotz aller Erfahrungen, die sich im Laufe der Jahre angehäuft haben, bleibt immer ein großes Spannungsmoment, das sich, wenn das Werk gelingt, in ein Glücksmoment übergeht. Und dieses Glück des Gestaltens scheint mir die Triebfeder der Arbeit Schillings zu sein.“

Alle Bilder im oberen Bereich sind Eigentum der  B&O Gruppe